Mittwoch, 9. März 2011

Klientelpolitik pur: Agrosprit E10

Berlin/ Hamburg - Die EU-Ziele zum Ausbau der Agrokraftstoffe bis zum Jahr 2020 verursachen erhebliche Klimagasemissionen sowie einen zusätzlichen Flächenbedarf in Höhe von bis zu 69.000 Quadratkilometern. Dies ist das zentrale Ergebnis einer neuen Studie des Instituts für Europäische Umweltpolitik (IEEP), die heute von zahlreichen Umweltverbänden in Brüssel vorgestellt wurde.
Die Studie berechnet anhand der Nationalen Aktionspläne für Erneuerbare Energien aus 23 EU-Mitgliedstaaten die indirekten Landnutzungsänderungen, die durch die zusätzliche Nachfrage nach Biomasse zur Erreichung der eibstoffziele ausgelöst werden. Die größte Menge iosprit wird dabei mit 5,5 Millionen Tonnen in Deutschland benötigt. Dies entspricht
einer Anbaufläche von bis zu einer Million Hektar sowie zusätzlichen jährlichen CO2-Emissionen
von bis zu 11 Millionen Tonnen.
„Die Untersuchung macht deutlich, dass eine Fläche ungefähr so groß wie Bayern in intensive
Ackerkulturen oder Plantagen umgewandelt werden müsste. Wenn die EU-Mitgliedstaaten
ihre Ziele im Bereich der Agrokraftstoffe nicht korrigieren, sind daher gravierende Konsequenzen
für Klimaschutz und Ökosysteme weltweit zu befürchten", sagt NABU-Agrarexperte Florian
Schöne.Nach Angaben der Nationalen Aktionspläne sollen die Agrokraftstoffe bis zum
Jahr 2020 9,5 Prozent des gesamten Treibstoffbedarfs im Verkehrssektor ausmachen,
wovon über 90 Prozent aus angebauten Energiepflanzen kommen. Wenn dabei die indirekten Landnutzungsänderungen einbezogen werden, die durch eine Verdrängung der bisherigen Lebensmittelerzeugung auf andere Standorte entstehen, so ist mit zusätzlichen
Treibhausgasemissionen in Höhe von 27 bis 56 Millionen Tonnen Kohlendioxid zu rechnen.
Die Treibhausgasbilanzen der Agrokraftstoffe sind damit nach Berechnungen des IEEP im
Schnitt um 81 bis 167 Prozent schlechter als fossile Kraftstoffe.
„Die Studie bestätigt die schlimmsten Befürchtungen zu den Schäden von Agrokraftstoffen
für Umwelt und Klima. Die Umwandlung von Wald, Weideland oder Moorflächen in
Ackerland und Plantagen führt dazu, dass deutlich mehr Kohlendioxid freigesetzt wird, als
später durch die vermeintlichen Biokraftstoffe eingespart wird", so Corinna Hölzel,
Waldexpertin von Greenpeace.Die EU-Kommission diskutiert derzeit über die negativen
Folgen so genannter indirekter Landnutzungsänderungen für die Klimaschutzpolitik. Schon
jetzt bestehen große Zweifel, ob Ethanol und Biodiesel zur Senkung des Kohlendioxid-Ausstoßes
im Verkehr überhaupt helfen können. Die Umweltverbände rufen die Bundesregierung und die
EU-Kommission auf, ihre Ausbauziele für Agrokraftstoffe einzufrieren und die Konsequenzen
der indirekten Landnutzungsänderungen in die Treibhausgasbilanzen der Kraftstoffe einzubeziehen.
Agrokraftstoffe sind keine klimafreundliche Lösung für unseren Energiebedarf,
sondern sie verdrängen vor allem in tropischen Ländern die lokale Bevölkerung, den
Lebensmittelanbau und natürliche Ökosysteme wie Regenwälder", so Reinhild Benning,
Agrarexpertin des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND). Solange di
gesamten Konsequenzen der Agrokraftstoffe für Umwelt und Klima nicht berücksichtigt
würden, müsse die Politik die Beimischungsziele grundsätzlich in Frage stellen.
http://www.waldportal.org/aktuell/news/news.tropen.20101109/

E10 treibt offenbar Lebensmittelpreise nach oben
Essen könnte teurer werden: Laut Ernährungsindustrie müssen sich Verbraucher wegen
des Biokraftstoffs E10 auf höhere Preise einstellen. Maisanbau für Biogas oder
Nahrungsmittelanbau? Die Bauern müssen sich entscheiden.
"Wir haben die Sorge, dass die Konkurrenz auf den Anbauflächen weiter zunimmt
und dass sich das auf die Preise auswirkt", sagte Sabine Eichner, Geschäftsführerin
der Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie, der Nachrichtenagentur
dpa. Sie bekräftigte zugleich die Forderung der Branche nach einem Abbau von
Subventionen beim Einsatz nachwachsender Rohstoffe.
Landwirte können sich beim Verkauf von Weizen, Mais oder Zuckerrüben entscheiden,
ob sie ihre angebauten Produkte an die Ernährungsindustrie oder aber als Rohstoffe an
Biogas- oder Biokraftstoffproduzenten verkaufen. Da dies hoch subventioniert wird, ist
ein solcher Weg für viele Bauern attraktiver. Inzwischen wird sogar befürchtet, dass
sich einige Landstriche in Deutschland - etwa in Niedersachsen - deswegen in
Mais-Monokulturen entwickeln.
http://www.heute.de/ZDFheute/inhalt/0/0,3672,8218016,00.html



Frontal21, 08.03.2011

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