Freitag, 1. Juli 2011

Profit um jeden Preis Die BP-Story

Die Tatsache, „dass Gaddafi Libyen in den Weltmarkt und den neoliberalen Kapitalismus integriert" habe und „von einem Feind des Westens zu einem der verlässlichsten Partner in der Region geworden" sei, schreibt z.B. Ingar Solty in der Zeitschrift Sozialismus, schließe „die Möglichkeit aus, dass es beim Krieg


gegen Libyen um dessen „Einreihung in den globalen Kapitalismus" gehe. Schließlich sei die „Weltmarktintegration" nicht einmal -- wie anderswo -- von IWF und Weltbank erzwungen worden, sondern aus eigenem Antrieb erfolgt. [1]

Hinter dieser Einschätzung steht ein sehr oberflächlicher Blick auf die Entwicklungen in Libyen. Er ignoriert zum einen die massiven Zwänge, denen Libyen durch die UN-Sanktionen und die Kriegsdrohungen aus Washington ausgesetzt war und überschätzt die Zugeständnisse an den Westen sehr. Zwar sind alle großen Ölfirmen wieder im Land, doch zu sehr restriktiven Bedingungen. Das libysche Engagement für die afrikanische Einheit und Unabhängigkeit steht diametral den Bemühungen der USA und der alten Kolonialmächte gegenüber, ihren Einfluss auszuweiten. (Zur Frage, wie fortschrittlich Libyen in sozialer Hinsicht bis Kriegsbeginn noch war, siehe „Zerstörung eines Landes -- Droht Libyen der gleiche Absturz wie dem Irak? Überlegungen über den drohenden »Preis der Freiheit«, jW 5.5.2011)

Mit 46,6 Milliarden Barrel (ein Barrel sind 159 Liter) verfügt Libyen über die größten nachgewiesenen Ölreserven Afrikas und steht weltweit auf Platz acht. Da bisher nur ein Viertel der weiten Flächen Landes auf Kohlenwasserstoffvorkommen untersucht wurde, sind die Vorkommen vermutlich noch wesentlich größer.

Nur ein Fünftel der bekannten Vorkommen wurden bisher erschlossen, Libyen liegt daher mit einer Fördermenge von etwa 1,7 Millionen Barrel Rohöl am Tag (bpd) hinter Angola und Nigeria. Um seine Reserven nicht zu verschleudern, fördert das Land nur halb so viel, wie bis 1969 unter der Monarchie, als die großen westlichen Konzerne die Ölpolitik des Landes bestimmten. [Libyen war damals zwar in kurzer Zeit zum führenden Öl-Exporteur aufgestiegen, bekam aber den niedrigsten Preis weltweit pro Barrel.] „Nur zwei Länder haben die Kapazität ihre Ölproduktion zu verdoppeln: Libyen und Irak", so 2005 Nabil Khodadad, von der Beraterfirma Chadbourne & Parke.[2] Libyen plant jedoch lediglich eine Steigerung auf 2,3 Million bpd. Aus Sicht der Öl-Multis liegt allein hier schon ein erhebliches, brach liegendes Potential.

Nach dem Sturz des von den USA und den Briten eingesetzten König Idris im Jahr 1969 waren nach und nach die meisten ausländischen Unternehmen verdrängt und die Ölproduktion in die Hände der staatlichen Libyschen Nationalen Ölgesellschaft LNOC überführt worden. Libyen wurde zum Vorreiter der OPEC-Staaten und setzte als erstes Land höhere Preise für sein Öl durch. Innerhalb von 10 Jahren verfünffachten sich daraufhin die Staatseinnahmen. Mit den Öleinnahmen konnte der Staat seinen Bürgern einen relativen hohen Lebensstandard verschaffen, den höchsten Afrikas. Sozialistische Ideen spielte bei allen damaligen Revolutionen eine wichtige Rolle, Libyen setzte sie jedoch wesentlich gründlicher um, als andere Länder der Region. Gesundheit und Bildung ist seitdem kostenlos, wichtige Güter und Dienstleistungen werden subventioniert, Alte, Witwen und Waisen erhalten eine Rente, Arbeitslose finanzielle Unterstützung u.v.m..

Profit um jeden Preis Die BP-Story


Es gelang jedoch nicht, Libyens Abhängigkeit vom Erdölexport zu verringern. Niedrige Rohölpreise und die gegen das Land verhängten Sanktionen brachten die Wirtschaft in den 1990er Jahren an den Rand des Ruins. Das Bruttoinlandsprodukt hatte sich am Ende fast halbiert, jegliche Modernisierung der Infrastruktur war blockiert. Die libysche Führung suchte daher nun einen Ausgleich mit dem Westen und machte dabei erhebliche Konzessionen. U.a. lieferte sie 1999 zwei Offiziere an Großbritannien aus, die für den Bombenanschlag auf ein Verkehrsflugzeug über dem schottischen Lockerbie verantwortlich gemacht wurden, obwohl die Beweise dafür äußerst zweifelhaft waren. [3] jghd.twoday.net

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