Freitag, 2. September 2011

Ein Libyer - Ausschnitte aus einem Gespräch 25.8.2011

Deutsche Übersetzung: Mein Name ist Assir, ich bin Libyer und lebe in England. Ich bin nur ein Beobachter dessen, was in Libyen geschieht. Vermutlich kann ich Libyen aber besser verstehen als andere hier.
Was ich sagen möchte, ist, dass es in der libyschen Regierung Korruption gegeben hat, ungefähr seit sich die libysche Regierung der westlichen Welt geöffnet hat, also seit ungefähr 10 Jahren. Von den Leuten, die zu den Rebellen übergelaufen sind, waren die meisten die korrupten Leute. Wir wollten einen Wechsel in Libyen, wir wolten uns vorwärts bewegen. Aber nicht so. Schau Dir Tripolis jetzt an, das ist

keine Revolution, die Rebellen sind nur die Bodentruppen der NATO.
Letzte Nacht sprach ich mit einem meiner Freunde, ich glaube er war in Suq al Jum'ah, und er sagte mir Folgendes: Anscheinend kontrollieren die Rebellen Suq al Jum'ah, denn es war eine Rebellen-Gegend seit Beginn dieser Revolte, ... dieser Bewegung. Und er sagte mir, dass bereits 15jährige mit Kalashnikovs herumlaufen. Anzunehmen, dass Tripolis in den nächsten 2 Wochen stabilisiert werden könnte, selbst wenn Gaddafi weg wäre, also getötet, gefangen oder sonstwas würde ... Es wird keine Stabilisierung geben. Wir sind eine Gemeinschaft von Stämmen, eine sozial eng verknüpfte Gemeinschaft, und jeder würde den Tod seines Sohnes, seiner Tochter, seines Vaters rächen wollen. Die Leute werden anfangen, sich gegenseitig zu erschiessen.

Heute ist mein Onkel in Bab al Aziziya gestorben, als er dort gekämpft hat. Einer seiner Freunde hat mich vorhin angerufen, er hatte große Angst. Er beschrieb die Situation so: "Wir kämpfen nicht gegen Libyen, dies ist kein Bürgerkrieg mehr, wir kämpfen gegen die NATO. Es sind Bodentruppen aus Katar und den Vereinigten Emiraten da.
Es ist kein Kampf mehr für Gaddafi, es ist ein Kampf für das Land. Es findet eine Invasion in unser Land statt.
Der Botschafter des NTC ist in London, er ist im Exil, er hat in den letzten 30 oder 40 Jahren keinen Fuß auf libyschen Boden gesetzt.
In Sirte ist ein kompletter Blackout, die Stadt hat keine Verbindung mehr zur Außenwelt, es gibt keine Elektizität, keine Berichterstattung, kein Internet, ich bezweifle, dass es dort noch Nahrung und Medizin gibt. Ja, das ist die Heimatstadt von Gaddafi.
Ich bin selbst aus Sirte. Meine Eltern sind dort und ich habe seit ca. 5 Tagen keinen Kontakt mehr zu Ihnen.
Während der letzten Monate sind viele meiner Freunde, meiner Familie, Eltern meiner Freunde in diesem Krieg gestorben. Ich vermisse meine Onkel sehr. Die Leute sterben und es ist eine gute Sache, für sein Land zu sterben, ja, als Märtyrer.
Und ich kann sagen, NATO-Rebellen, Ihr kämpft ganz sicher nicht für Euer Land, Ihr kämpft für Amerika. Unser Öl wird jetzt billig verkauft.
Wer mochte Gaddafi? Einige mochten ihn, einige nicht, aber wenigstens hatte Libyen eine Stimme. Jetzt kommt der NTC an die Macht. Morgen werden wir NATO-Truppen in Libyen haben. Einen 30%-Vertrag mit Frankreich, das kann man jetzt vergessen, denn jetzt wird Amerika oder Frankreich einfach 100% des Öls nehmen.
Der Krieg hat gerade erst begonnen und er ist weit von einem Ende entfernt.

Der NTC besteht aus Liberalen und aus islamistischen Extremisten. Die islamistischen Extremisten mögen die Liberalen nicht. Jetzt sagen sie, Tripolis ist gefallen. Tripolis "fällt" nicht, Tripolis ist da, es ist eine Stadt, die Menschen sterben, die Menschen leben, die Stadt wird immer da sein.
Und jetzt werden die Islamisten anfangen, die Liberalen zu bekämpfen, es hat bereits angefangen

Morris: Es gibt noch eine weitere Gruppe, von der ich erst kürzlich erfahren habe, die Berber aus dem Westen. Und sie mögen nicht, dass diese Liberalen oder die Islamisten an die Macht kommen. Hast Du von denen etwas gehört?

Assir: Wir hören viel von denen, wir nennen sie nicht "Berber", wir sagen nicht "Amaziyas", wir sind Libyer. Libyen wurde vereinigt. Aber jetzt sieht man, dass sie ihre Fahne haben, die Fahne selbst repräsentiert die Spaltung von Libyen. Sie hat drei Farben und die drei Farben repräsentieren den Osten, den Westen und den Süden von Libyen. Die Trennung hat nun begonnen, das ist die komplette Zerstörung, komplette Korruption.




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